Eine Möwe gleitet durch die salzige Seebrise, in den Dünen unter ihr schmiegen sich die Halme des Strandhafers aneinander. Es raschelt. Aber nicht vom Hafer, nein, der Kassenbon in deinen Händen macht das knisternde Geräusch. Du standest nicht etwa am Strand, sondern vor der gephotoshopten Türbeklebung zum Getränkelager des Limoladens deines Vertrauens. Sind dir solche Naturabbilder schon einmal begegnet? I bet!
Bleibt uns nur noch künstliche Natur?
Wir betreuen eine Ausstellung, die sich anhand solcher Naturabbilder die Frage stellt, ob uns bald nur noch die künstliche Natur bleibt.
Die Insekten sterben, die Alpen verändern durch klimabedingte Veränderung ihre Flora, Fauna und gesamte Erscheinung, und landwirtschaftliche Nutzflächen verdrängen Wälder.
Hannah Lenz hat in einer Fotoserie die Abbilder der Natur dokumentiert, Dara Brexendorf mit einem Fiktionalen Tagebuch darauf reagiert. Subtil lädt uns die Ausstellung in einer Wanderung an Strände, Wasserfälle, tropische Wälder und heimische Felder zum Nachdenken und Schmunzeln ein – und ein bisschen wegträumen ist auch erlaubt.
Ausstellung der Tagebuchstrecke
Welcher Ort zur Ausstellung der gelungenen Plakate ist da passender als ein botanischer Garten?
Am 26. August wird die Ausstellung im Schulgarten Lübeck mit einer Lesung durch die Künstlerinnen eröffnet.
Bis zum 09.09. könnt ihr die Tagebuchstrecke dort kostenlos ansehen.
Alle Infos findet ihr hier: Künstliche Natur – Endstation Sehnsucht.
Regt zum Nachdenken an
Die Begleitung des Projekts regt auch mich zum Nachdenken an: Ist es jetzt albern, sich Gemälde und Fotos von Natur über den Schreibtisch zu hängen? Ist meine florale Bettwäsche ein Verrat an der wilden Natur?
Nun, Naturbilder machen uns nachgewiesenermaßen entspannter. Mit einem Bild der letzten waldigen Aussicht aus dem Zelt, tappe ich also noch nicht in die Cringe-Falle. Vielmehr denke ich über die Produkte nach, die ich mit Naturmuster oder -form kaufen kann. Wenn ich die Pflanzen auf meinem Kissenbezug so feiere, weshalb sorge ich dann mit meinem Kauf dafür, dass sie bald nicht mehr existieren?
Die konventionelle Textilindustrie ist dafür bekannt, nicht gerade zimperlich mit Giften wie Insektiziden oder Pestiziden umzugehen. Diese sogenannten Pflanzenschutzmittel sorgen aber nicht nur dafür, dass die „Schädlinge“ ausgeschaltet werden, sondern stören das gesamte Ökosystem, indem sie beispielsweise auch anderen Tieren schaden, die wiederum in ihrem System für andere Tiere und Pflanzen überlebenswichtig sind. Als Aushängeschild kennen wir die Biene, deren wilde Arten auch durch Pestizide schaden nehmen und somit andere Pflanzen, wie z.B. Äpfel (die auf meiner Bettwäsche abgebildet sind), nicht mehr befruchten können. Die Apfelernte bleibt aus, die Vermehrung über die Apfelsamen ist nicht mehr möglich. Um Baumwollstoffe auf konventionelle Weise herzustellen, werden mehr chemische Pestizide genutzt als bei jeder anderen Nutzpflanze. Überspitzt gesagt führt der Kauf meiner Apfel-Bettwäsche dazu, dass es bald keine Äpfel mehr geben wird.
Ich bin gespannt, zu welchen Gedanken euch die Ausstellung von Hanna und Dara anregt!
Alle Infos zur Ausstellung und den beiden Künstlerinnen: Künstliche Natur – Endstation Sehnsucht.
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